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26.06.2023

Exkursion von der Vergangenheit in die Gegenwart

Bericht vom Acker (Teil 1)

Exkursion von der Vergangenheit in die Gegenwart

Im Astrid-Lindgren-Haus gibt es wieder einen Acker!

Viele ältere Mitbürger aus Großenritte beobachten interessiert das seit einigen Jahren der Garten des Astrid – Lindgren – Hauses zum Säen, Pflanzen und Ernten genutzt wird. Einige wenige erinnern sich noch an die Zeiten als das Astrid-Lindgren-Haus eine Schule war und der damalige Schulleiter mit Schülern und Schülerinnen mit Begeisterung den Schulgarten hegte und pflegte.

Aus der ehemaligen Schule wurde vor über 40 Jahren eine Kindertagesstätte. Das Astrid – Lindgren – Haus! In den letzten 4 Jahrzehnten ist viel passiert.

In früheren Zeiten spielte sich das Kinderleben vorwiegend draußen ab: in Wäldern und Dickichten, auf Wiesen und Feldern, in Bauern- und Hausgärten, auf Wegen und Straßen. Hier machten (Klein-) Kinder nicht nur Naturerfahrungen, sondern erwarben auch eine Unmenge an Kenntnissen aus Bereichen wie Tier- und Pflanzenkunde, Physik, Technik, Chemie, Meteorologie, Landwirtschaft und Gartenbau. Die intensive körperliche Betätigung an der frischen Luft förderte die Gesundheit und die Ausbildung grob- und feinmotorischer Fertigkeiten. Da die meisten Aktivitäten zusammen mit anderen Kindern stattfanden, wurden soziale Kompetenzen mehr oder minder automatisch entwickelt.

Heute ist die Kindheit zumeist institutionalisiert: Auch Kleinkinder halten sich in Tageseinrichtungen auf. Ältere Kinder verbringen einen Großteil des Tages in der Schule und müssen zu Hause oder im Hort zunächst die Hausaufgaben machen. Ein Großteil der Freizeit wird dann vor dem Fernseher, an der Spielkonsole oder mit anderen Medien verbracht. Jüngere Kinder dürfen nicht mehr unbeaufsichtigt in der Umgebung spielen – aus Angst vor Verkehrsunfällen oder sexuellem Missbrauch durch Unbekannte. Treffen mit Freunden werden organisiert und finden zumeist in Wohnungen statt; den Transport übernehmen die Eltern. Jugendliche können wohl alleine das Haus verlassen; ihre Freizeitinteressen haben aber schon seit langem nichts mehr mit der Natur zu tun.

So ist es nicht verwunderlich, dass viele Kinder Nahrungsmittel nur noch in der verarbeiteten Form kennen. Selbst wenn sie von Eltern und Erzieher/innen Bezüge wie Kuh – Milch, Huhn – Eier, Mais – Schweinefutter, Weißkohl – Sauerkraut gelernt haben, wissen sie nicht mehr, wie Haustiere leben und gezüchtet werden, wie Getreide, Obst, Gemüse und Salat wachsen und erzeugt werden, welche Arbeitsvorgänge damit verbunden sind und welche Naturgesetzlichkeiten dabei beobachtet werden können bzw. beachtet werden müssen. Selbst viele Eltern wissen nicht mehr, wie z.B. Rosenkohl wächst oder was Chicorée eigentlich ist.

Und wo sollen Kinder noch entsprechende Beobachtungen machen und Erfahrungen sammeln? Selbst wenn ihre Eltern über einen Hausgarten verfügen, so wird dieser nicht mehr wie früher zur Erzeugung von Obst, Gemüse und Salat genutzt. Zumeist ist es ein reiner Ziergarten, der so gestaltet wurde, dass er möglichst „pflegeleicht“ ist – schließlich sind zunehmend beide Elternteile (voll) erwerbstätig und haben ganz verschiedene Freizeitinteressen, sodass für die Gartenarbeit kaum Zeit bleibt. Außerdem sind bei neueren Häusern die Gärten sehr klein: Bei einer großen Terrasse, einem Sandkasten und einer (mit Spielgeräten und -häusern zugestellten) Rasenfläche bleibt nur noch Platz für einige Rosen und Ziersträucher. Selbst auf dem Land sind echte Bauerngärten, in denen eine große Bandbreite von Obst-, Beeren-, Gemüse- und Salatsorten, von Stauden und einjährigen Blumen angebaut wird, selten geworden.

Auch in den meisten Kindertageseinrichtungen sind Naturerfahrungen und -erlebnisse kaum noch möglich. So ist die Außenspielfläche – insbesondere bei einem städtischen Standort – zumeist recht klein. Oft wurde sie in den letzten Jahren noch verkleinert, weil vielerorts Krippenräume angebaut wurden. Hinzu kommt, dass die Außenspielflächen zunehmend mit großen Klettergerüsten, Rutschen, Wippen, Karussells und Schaukeln zugestellt werden. Neben Rasenflächen, Plattenwegen und Sandkästen bleibt dann nur noch Platz für einige Bäume und Sträucher. Zudem wird das Außengelände vielfach nur noch als „Bewegungsraum“ gesehen – oder gar nur noch als Ort für Pausen zwischen den Bildungsangeboten, der Selbstbildung von Kindern in Funktionsräumen und besonderen Fördermaßnahmen.